Halle 2014
Keynotelekture in Halle – Cornel Sieber: „Aktive Menschen altern besser“
(04.06.2014) Hohes Alter geht oft einher mit körperlichem Gebrechen, schneller Erschöpfung und Gewichtsabnahme – nicht zuletzt aufgrund des Verlustes von Muskelmasse. Wie sehr die sogenannte Sarkopenie die Lebensqualität beeinflusst und welch entscheidende Rolle ihre Erforschung in den kommenden Jahren zukommen wird, darüber spricht Prof. Dr. Cornel Sieber, Nürnberg und Regensburg, beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) in Halle (Saale). In seiner Keynote-Lecture „Frailty – Vom Konzept zum klinischen Alltag“ stellt er im September neue Erkenntnisse und die Konsequenzen für Klinikalltag und Gesundheitspolitik vor.
Messbare Faktoren geben Impulse für Forschung
„Aktive Menschen altern besser“, sagt Sieber. Er ist überzeugt: Muskelmasse ist der entscheidende Faktor für Lebensqualität und Selbstständigkeit bis ins hohe Alters. Das zeige sich in ganz alltäglichen Situationen: „Hat jemand noch genügend Muskeln, um aufzustehen und Einkaufstüten zu tragen? Oder so wenige in der Brust, dass es ihm Mühe macht, richtig abzuhusten?“
Bislang werden zur Diagnose von Gebrechlichkeit allgemein die Kriterien von Fried et al verwendet. Diese decken Gewichtsverlust, Erschöpfung, Schwächegefühl, Reaktionsschnelle und körperliche Aktivität ab. Doch erst über den Aspekt des Muskelverlustes, der Sarkopenie, erreicht die Thematik den Klinikalltag, sagt der 55 Jahre alte Schweizer. Hier gibt es objektiv messbare Faktoren, aufgrund derer Forschung vorangetrieben werden kann – und diese sind auch für Pharmaunternehmen, Krankenkassen und Gesundheitspolitik relevant.
„In den vergangenen Jahren konzentrierte sich die Forschung auf Osteoporose“, sagt Sieber, der an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg lehrt und gleichzeitig als Chefarzt am Krankenhaus Barmherzige Brüder in Regensburg tätig ist. „Jetzt beginnt das Jahrzehnt der Sarkopenie.“
Auch 80-Jährige können noch Muskelmasse aufbauen
Noch aber wird Sarkoponie im Klinikalltag oft vernachlässigt. Nach einer Operation wird immer noch häufug Ruhe verordnet. Die Folge: Die ohnehin altersgebrechlichen Patienten bauen weiter körperlich ab. „Während einer Woche Bettruhe geht ein Kilogramm Muskelmasse verloren“, erklärt Sieber. „Um diesen Verlust auszugleichen, müssen unsere Patienten ein gutes halbes Jahr trainieren. Wir müssen in der Behandlung daher gänzlich umdenken!“
Bereits im Vorfeld einer stationären Behandlung sollte der Körper daher fitgehalten und sogar weiter gekräftigt werden, ist Sieber überzeugt. Während im medikamentösen Bereich der Durchbruch noch nicht gelungen ist, zeigen Ernährungsumstellung und Sportprogramme Erfolg. Therapieansätze, für die es auch im hohen Alter nicht zu spät ist, so Sieber: „Sogar ein 80-Jähriger kann noch Muskeln aufbauen!“
Zur Person:
Prof. Dr. Cornel Sieber studierte Medizin in Basel, Wien und London. Seit 2001 hat er den Lehrstuhl für Innere Medizin-Geriatrie an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg inne. Gleichzeitig ist er Direktor des Instituts für Biomedizin des Alterns und Chefarzt der Medizinischen Klinik 2 am Klinikum Nürnberg. Seit 2013 leitet er als Chefarzt die Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie am Krankenhaus Barmherzige Brüder in Regensburg.
Sieber ist Präsident der Europäischen Akademie für Geriatrie (European Academy for Medicine of Ageing – EAMA) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM). 2011 wurde er zudem in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (Kommission Altern und Fertilität) berufen.
Jahreskongress der DGG und DGGG in Halle (Saale)
24. bis 27. September 2014
Prof. Dr. Cornel Sieber, Nürnberg und Regensburg
Keynote-Lecture: „Frailty – Vom Konzept zum klinischen Alltag“: 25.09.14, 10:00 bis 10:45 Uhr
Abstract-Band Halle 2014
Zum Kongress der Deutschen Gesellschaften für Gerontologie und Geriatrie vom 24. bis 27. September 2014 in Halle (Saale) wurden zu dem Thema "Stress und Altern – Chancen und Risiken" weit mehr als 500 Abstracts sowohl in Poster- als auch in Vortragsform für das wissenschaftliche Programm eingereicht – eine beeindruckende Beteiligung. Kongresspräsident PD Dr. Rupert Püllen ist begeistert: "Das ist eine höchst erfreuliche Entwicklung!" Damit auch Sie sich ein Bild von den vielseitigen und qualitativ hochstehenden Beiträgen machen können, steht Ihnen der Abstract-Band ab sofort hier zum Download zur Verfügung.
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