Stuttgart 2016
Keynote-Lecture Alexander Bürkle: „Altern ist eine Mischung aus Genetik und Umwelteinflüssen“
(16.08.2016) Menschen altern unterschiedlich: Der eine bemerkte schon im Studium das erste graue Haar, der andere wirkt noch als Rentner jugendlich-sportlich. Doch was sind die Gründe dafür? Wie lässt sich das biologische Alter einer Person bestimmen und welche Rückschlüsse ergeben sich daraus für den weiteren Alterungsprozess? Die neuesten Erkenntnisse zu diesen Fragen präsentiert Professor Dr. Alexander Bürkle, Universität Konstanz, beim gemeinsamen Jahreskongress der DGG und der DGGG in Stuttgart. In seiner Keynote-Lecture „Die Messung des biologischen Alters beim Menschen“ am dritten Kongresstag stellt er die Ergebnisse des EU-weiten Forschungsprojektes MARK-AGE vor.
Dem Alter kann man kein Schnippchen schlagen
„Um wahrzunehmen, dass Menschen unterschiedlich altern, muss man kein Wissenschaftler sein“, so Professor Bürkle. Jeder kenne aus seinem Bekanntenkreis Männer oder Frauen, denen man ihr kalendarisches Alter nicht ansehe. „Kürzlich war ich beim Klassentreffen zur Feier von 40 Jahren Abitur. Dort traf ich einige Schulkameraden, die deutlich älter wirkten. Es gab aber auch eine Mitschülerin, die man für zehn bis 15 Jahre jünger gehalten hätte.“
Natürlich ließe sich bezüglich der Optik tricksen, so Prof. Bürkle, der Molekulare Toxikologie im Fachbereich Biologie an der Universität Konstanz lehrt. Kein Schnippchen schlagen könne man dem Alter jedoch bezüglich Gesundheit und kognitiver Fähigkeiten. Woran es aber liegt, dass einige bis ins hohe Alter rege und von gravierenden Krankheiten verschont bleiben, während andere schon in mittleren Jahren deutlich verbraucht wirken – hierauf hat die Forschung bisher keine eindeutigen Antworten gefunden. Einzelne Biomarker, die Auskunft über das tatsächliche biologische Alter einer Person und ihren weiteren Alterungsprozess geben könnten, erwiesen sich in der Vergangenheit als nicht haltbar.
Rund 400 Biomarker auf Aussagekraft untersucht
Dies könnte sich nun ändern: Gefördert von der EU-Kommission, haben sich 26 Arbeitsgruppen aus 14 Ländern an der multizentrischen Studie MARK-AGE beteiligt. Fünf Jahre lang wurden die Gesundheitsdaten von rund 3.300 Probanden im Alter von 35 bis 74 Jahren protokolliert. Besonders spannend: Unter den Teilnehmern befanden sich die Nachkommen von Personen, die zuvor am GEHA-Projekt (Genetics of Healthy Aging) beteiligt waren – die damaligen Probanden mussten mindestens 90 Jahre alt und überdurchschnittlich gesund sein sowie Geschwister vorweisen, die gleichermaßen langlebig und fit waren. „Uns interessierte, ob man bei diesen ‚genetisch begünstigten‘ Menschen schon im mittleren Lebensalter eine Verlangsamung des Alternsprozesses feststellen kann“, erklärt Professor Bürkle. „Denn es deutet alles darauf hin, dass Altern eine Mischung aus Genetik und Umwelteinflüssen ist.“
Knapp drei Jahre dauerte die Erstauswertung der Daten. Rund 400 Biomarker wurden auf ihre Aussagekraft geprüft. Die zehn relevantesten wird Professor Bürkle in seiner Keynote-Lecture vorstellen. „Aber das ist nur der Anfang“, ist er überzeugt. „Das ist ein Datenschatz, der noch unter vielen anderen Gesichtspunkten Erkenntnisse liefern wird. Und ich freue mich auf den Austausch hierzu mit Kollegen.“
Zur Person:
Prof. Dr. Alexander Bürkle studierte Medizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, wo er auch promovierte. Von 1984 bis 2000 war er am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg tätig. Die Habilitation erfolgte 1995 an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Von 2000 bis 2002 war er Senior Lecturer am Department of Gerontology an der University of Newcastle upon Tyne in Großbritannien. Seit 2002 lehrt er Molekulare Toxikologie im Fachbereich Biologie an der Universität Konstanz.
Bürkle ist unter anderem Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Toxikologie und Mitglied des Fachkollegiums Medizin der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 2011 wurde er mit dem GT-Toxicology-Preis für seine Forschung zur biochemischen Wirkung des Enzyms „Poly[ADP-Ribose]Polymerase“ (PARP), das die Erbgutreparatur beeinflusst, ausgezeichnet.
Prof. Alexander Bürkle, Konstanz
Keynote-Lecture: „Die Messung des biologischen Alters beim Menschen – Ergebnisse des EU FP7 Projektes MARK-AGE “
Freitag, 9. September
9.45 – 10.30 Uhr
Bertha-Benz-Saal
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