Arbeitsgruppe Diabetes
Leitung:
PD Dr. med. Dr. Univ. Rom Andrej Zeyfang Chefarzt Klinik für Innere Medizin, Altersmedizin und Palliativmedizin medius KLINIK OSTFILDERN-RUIT Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Tübingen Hedelfinger Straße 166 73760 Ostfildern Tel.: 0711 / 4488-11800 Fax: 0711 / 4488-12809 E-Mail: a.zeyfang@medius-kliniken.de |
Arbeitsschwerpunkte:
Verbesserung der Versorgung geriatrischer Patienten mit Diabetes, Vernetzung des Behandlungsteams, Entwicklung von Behandlungsleitlinien. Forschung im Bereich von Klinik und Versorgung. Entwicklung und Prüfung geeigneter Assessmentmethoden und technischer Hilfsmittel.
Ausführliche Beschreibung:
Die Arbeitsgruppe Diabetes der DGG arbeitet aktuell an einer Reihe von Problembereichen, die gelöst werden müssen. Deshalb lädt die AG alle Interessierten zur Mitarbeit ein. Zudem können auch neue Ideen und Projekte eingebracht werden, die die Arbeitsgruppe gemeinsam behandelt. Aktuell stehen die folgenden Themen im Mittelpunkt:
Mehrheit der Diabetiker ist älter als 60 Jahre
Das metabolische Syndrom mit Zuckerkrankheit, Bluthochdruck und erhöhten Blutfettwerten stellt eine der bedeutendsten Zivilisationskrankheiten dar und wird mit zunehmendem Körpergewicht und Alter immer häufiger. Mehr als zwei Drittel aller Diabetiker in Deutschland sind älter als 60 Jahre alt. Im 75. bis 80. Lebensjahr findet sich bei 33 Prozent der Männer und 25 Prozent der Frauen ein Diabetes mellitus. Durchschnittlich war bei circa der Hälfte der Betroffenen der Diabetes vorher nicht bekannt.
Alter ist keine Krankheit und zu Problemen kommt es erst dann in einer Gesellschaft, wenn in den letzten Lebensjahren eine hohe Morbidität und Einschränkungen der Selbständigkeit und Behinderungen hinzukommen. Der Ausdehnung „behinderungsfreier Lebenszeit“ oder der „compression of morbiditiy“ kommt unter dem Aspekt der Lebensqualität eine ganz besondere Bedeutung zu. Dies betrifft speziell den geriatrischen Patienten mit Diabetes.
Folgeprobleme durch geriatrische Therapieplanung mindern
Die geriatrischen Syndrome zeigen eine deutliche Wechselwirkung mit der Stoffwechselqualität bei Diabetes mellitus und sollten daher auch in die Therapieplanung mit einbezogen werden. Doch werden geriatrische Syndrome wie Hirnleistungsstörung oder Mobilitätsstörungen mit Sturzgefahr oft nicht erkannt oder ihre Bedeutung nicht richtig eingeschätzt. Dies führt zu weiteren Folgeproblemen, zum Beispiel durch Überforderung bei der Therapieplanung. Oder es kommt zur Schädigung des Betroffenen (zum Beispiel Unterzuckerung) und macht letztlich den „Diabetes im Alter“ sehr problematisch.
Erschwerend kommt hinzu, dass ältere, immobile Patienten nur eingeschränkt Zugang zu den üblichen ambulanten Settings („Diabetologische Schwerpunktpraxis“) bekommen. Fachärzte führen in den Pflegeheimen praktisch keine Hausbesuche durch. Für Krankenkassen und MDKs ist der Diabetes im Alter weiterhin eine „ambulant zu behandelnde“ Erkrankung.
Funktionseinschränkungen sind relevant für die Diabetestherapie
Bei Erstdiagnose des Diabetes mellitus beim älteren Menschen liegen oft bereits arteriosklerotische Veränderungen vor. Bei vielen Menschen wird erst im Rahmen eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts ein Diabetes mellitus neu festgestellt. Die Funktionseinschränkungen nach diesen makrovaskulären Ereignissen sind zum Beispiel Lähmungen, Inkontinenz oder kognitive Einschränkungen nach einem Schlaganfall. Diese reduzieren die Lebensqualität Älterer erheblich. Die Zielrichtung des HbA1c (Langzeitblutzuckers) hängt stark von der Diabetesdauer, der vorangegangenen Einstellungsgüte und vor allem den vorhandenen kardio-vaskulären Folgen ab. Bei neu manifestiertem Diabetes im Alter kann durchaus noch ein Hba1c-Ziel in Richtung 7 Prozent sinnvoll geplant werden, während dies bei langjährig bekanntem, schlecht vorbehandeltem Diabetes mit erheblichen makrovaskulären Folgen eher gefährlich sein könnte.
Da der Alternsprozess individuell sehr unterschiedlich verläuft werden auch ältere Menschen mit Diabetes je nach Ausmaß ihrer funktionellen Defizite in unterschiedliche Gruppen eingeteilt (siehe Tabelle 1): Patienten mit gutem („Go-Gos“), eingeschränktem („Slow-Gos“) und schlechten („No-Gos“) funktionellen Status.
Tabelle 1: Funktionelle Einteilung älterer Menschen mit Diabetes mellitus
Motorisch-funktioneller Zustand | Plakative Bezeichnung |
HbA1c-Ziel |
Schulungen | |
1. | Mobil - gut | Go Go | (6,5-) 7 % | Alle möglich |
2. | S | Slow Go | 7-8 (-8,5) % | SGS |
3. | Immobil - extrem eingeschränkt | No Go | FoDiAl, DPFK |
Es gibt starke wechselseitige Beziehungen zwischen geriatrischen Syndromen und Diabetes, betreffend vor allem die Bereiche Kontinenz, Mobilität, Demenz und Depression. Ein wichtiges Therapieziel ist deshalb die Verbesserung geriatrischer Syndrome durch verbesserte Diabeteseinstellung. Die vorliegenden Daten sind dabei teilweise widersprüchlich, insgesamt scheint jedoch die relativ normnahe Blutzuckereinstellung das Vorliegen dieser geriatrischen Syndrome zu verbessern und somit die Lebensqualität zu erhöhen.
Vermeidung von therapiebedingten Hypoglykämien hat höchste Priorität
Während sich die Diabetestherapie funktionell und geistig fitter, älterer Menschen (Go Go) mit Diabetes kritisch an nicht-geriatrischen Leitlinien mit einem strengeren HbA1c-Ziel zwischen 6,5 und 7 Prozent orientiert, rücken bei gebrechlichen älteren Menschen zunehmend rehabilitative oder symptomorientierte Therapieprinzipien wie Vermeidung einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit oder von diabetes- oder therapiebedingten Komplikationen in den Vordergrund. Nach den aktuellen Leitlinien hat bei älteren Menschen mit Diabetes die Vermeidung von therapiebedingten Hypoglykämien höchste Priorität.
Zudem müssen bei älteren multimorbiden Menschen mit Diabetes (Slow Go, No Go) alltagsrelevante Behandlungsziele wie der Erhalt beziehungsweise die Steigerung der Selbstständigkeit und der Lebensqualität in besonderem Maße berücksichtigt werden. Die Patienten sollen nicht an den Symptomen eines schlecht eingestellten Diabetes leiden, wie zum Beispiel Durst, eingeschränkte Leistungsfähigkeit oder diabetisches Fußsyndrom. Bei gebrechlichen älteren Menschen mit Diabetes ist ein HbA1c-Ziel unter 8 Prozent sinnvoll, da bei einem HbA1c-Wert über 8 Prozent hyperglykämiebedingte Symptome wie Kraftlosigkeit, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche oder die Verschlechterung einer bestehenden Inkontinenz die Lebensqualität älterer Menschen erheblich beeinträchtigen können. Neueren Studienergebnissen zufolge scheint ein HbA1c-Wert um 7,5 Prozent günstig zu sein, da dieser auch mit der niedrigsten Mortalität verbunden ist.
Vergütungssystem verschlechtert die Versorgung älterer Patienten
Für die Versorgung hochbetagter, multimorbider Patienten sind die bisherigen Strukturen nicht geeignet. Weder das DMP Typ-2-Diabetes, noch die klassische Diabetes-Klinik oder das Akutkrankenhaus bieten den richtigen Rahmen, um akut erkrankte geriatrische Patienten mit Diabetes adäquat zu versorgen.
Die Einbettung der Schulung von älteren Menschen mit Diabetes in eine sowieso erforderliche stationäre Behandlung oder das Akzeptieren einer etwas längeren Verweildauer im Krankenhaus eines Älteren mit Schenkelhalsfraktur, Demenz und Diabetes ist im Krankenhaus-Vergütungssystem praktisch nicht mehr möglich. Durch das Vergütungssystem wird somit die Versorgung älterer Menschen mit Diabetes verschlechtert – und das ist schlimm!
Weiterführende Internet-Links:
- Praxis-Leitlinie zur Behandlung des geriatrischen Patienten mit Diabetes
- Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes (2022)
- Medikamentenversorgung bei Diabetes Typ 2 im Alter
- Individualisierte Therapie bei Diabetes im Alter
- Prezi-Präsentation zur Altersmedizin mit Blick auf den Diabetes
- Prezi-Präsentation zur neuen Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes (2022)
Aktuelle Mitglieder:
18 Mitglieder.
Aufnahme von Neumitgliedern:
Ja. Voraussetzung ist eine Mitgliedschaft in DGG und/ oder DGGG sowie Interesse am Thema Diabetes.
Nächste Treffen:
Aktuelle Termine der Arbeitsgruppe finden Sie im Kalender der DGG.
VIVIFrail:
Das VIVIFrail-Projekt ist ein von der Europäischen Union gefördertes Forschungsvorhaben zur Prävention von Gebrechlichkeit („Frailty“) und Stürzen bei Menschen über 70 Jahren. Vorrangiges Ziel ist dabei die Erhaltung der körperlichen Funktionalität und Selbstständigkeit sowie der damit verbundenen Lebensqualität bei älter werdenden und gebrechlichen Menschen. Zu diesem Zweck wurde erstmalig ein innovatives Schulungsprogramm basierend auf einem „Best Practice Model“ entwickelt. Dieses wurde zusammen mit führenden internationalen Wissenschaftlern der Altersmedizin aus fünf beteiligten europäischen Ländern (Spanien als Projektkoordinator, Großbritannien, Italien, Frankreich und Deutschland) entwickelt und an die entsprechenden länderspezifischen Gegebenheiten angepasst. Für Deutschland wird das VIVIFrail-Projekt vom Universitätsklinikum Ulm, Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin (Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jürgen M. Steinacker) in Kooperation mit der Sana Klinik Bethesda Stuttgart (PD Dr. med. Dr. Univ. Rom Andrej Zeyfang) entwickelt und durchgeführt sowie umfassend wissenschaftlich begleitet.
Ausführliche Informationen zum Projekt "VIVIFrail" herunterladen.
Hier können Sie das interaktive Handbuch "VIVIFrail" kostenlos herunterladen.
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