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27. Februar 2019

Neue DGG-Arbeitsgruppe: „Ärzte in Pflegeheimen haben häufig nicht das nötige geriatrische Wissen“

(27.02.2019) Aktiver Einsatz für die Geriatrie im Pflegeheim: Dr. Rainer Neubart hat die neue DGG-Arbeitsgruppe „Geriatrie im Pflegeheim“ ins Leben gerufen, der schon zur Gründung mehr als 30 Interessierte beigetreten sind. Rund 800.000 Menschen leben in deutschen Pflegeheimen. Die Mehrzahl von ihnen ist alt, krank und eben pflegebedürftig. „Im Idealfall stellen Pflegeheime eine Domäne der Geriatrie dar. Doch diese wichtigen Zusammenhänge sind in den vergangenen Jahren auch in der geriatrischen Forschung nach unserer Überzeugung nicht genügend beachtet worden“, sagt Neubart, Wissenschaftler am Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie Vorstand der Geriatrischen Akademie Brandenburg. Im Interview spricht der Mediziner über seine Ziele, warum die neue AG „Geriatrie im Pflegeheim“ so wichtig ist, was sie macht und wie sich Interessierte daran beteiligen können.

Herr Dr. Neubart, warum haben Sie die Arbeitsgruppe „Geriatrie im Pflegeheim“ gegründet?
Weil aus meiner Sicht in deutschen Pflegeheimen mehr Geriatrie stattfindet als in den Kliniken. In Deutschland gibt es rund 800.000 multimorbide ältere Menschen in Pflegeheimen. Diese Herausforderung wurde bisher von der Geriatrie noch nicht genug beachtet.

Welche Themen wollen Sie in der AG ganz genau bearbeiten?
Wir haben den Eindruck, dass Ärzte in Pflegeheimen in vielen Fällen nicht das nötige geriatrische Wissen haben, um die Herausforderung vor Ort zu meistern. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen, zum Beispiel der Pflege, läuft unserer Meinung nach an vielen Stellen nicht optimal. Dies gilt auch bei der Versorgung von akuten Problemen. Das Pflegepersonal ist nicht berechtigt, gewisse Maßnahmen durchzuführen – und eine schnelle ärztliche Entscheidung fehlt in vielen Fällen.

Durch welche Tätigkeiten könnten die Mitglieder der DGG-Arbeitsgruppe diese Situation verbessern?
Wir werben für eine verbesserte Zusammenarbeit mit dem Personal in Pflegeheimen, das für die medizinische Versorgung zuständig ist – insbesondere mit dem ärztlichen Personal. In vielen Fällen gibt es für die Heime keine gut ausgebildeten Geriater, die Arbeit wird von den Kolleginnen und Kollegen nebenbei erledigt und ist zudem noch schlecht honoriert. Dieses System muss deutlich verbessert werden. Ein besonderes Problem dabei sind die vielen vermeidbaren Notfälle in den Pflegeheimen, von denen zwischen 70 und 80 Prozent in der Klinik landen. Hierfür wollen wir Lösungsansätze erarbeiten.

Welche Aktivitäten planen Sie, um neue Maßnahmen umsetzen zu können?
Wir bereiten aktuell Stellungnahmen vor, aber es ist ein sehr weites Feld: Wir müssen mit den versorgenden Ärztinnen und Ärzten sprechen. Wir müssen zudem mit den Betreibern von Pflegeheimen darüber sprechen, dass das Pflegepersonal besser geschult wird und das ganze System besser koordiniert wird. Die AG wird in den kommenden Monaten die wichtigsten Themen herausarbeiten und dann aktiv werden.

Heißt das, dass die AG auch Vorschläge machen könnte, wie die medizinischen Versorger in den Pflegeheimen geriatrisch geschult werden könnten?
Ja. Ich leite zum Beispiel in Brandenburg eine Institution, die genau dies tut. Wir müssen dafür werben, dass mehr Beschäftigte von Pflegeheimen ein geriatrisches Schulungsprogramm in Anspruch nehmen – bundesweit. Bisher haben wir in Brandenburg rund 400 Ärztinnen und Ärzte geschult und wir werden weitere schulen. Geschätzt 8000 bis 9000 Pflegekräfte sind in Pflegeheimen tätig, davon sind nur etwa 38 Prozent geriatrisch vollständig ausgebildet. Es gibt also noch viel zu tun.

Planen Sie für dieses große Vorhaben die Zusammenarbeit mit anderen Fachgesellschaften?
Die Kommunikation ist an einigen Stellen angelaufen. Selbstverständlich werden die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen dabei einbezogen. Im Rahmen einer Studie der Charité-Notfallmedizin zur geriatrischen Akutversorgung in Pflegeheimen sind wir auch in Gesprächen mit Rettungsdiensten und den Rettungsstellen der Kliniken, die Pflegeheime versorgen.

Wie können sich auch andere Interessierte zum Thema einbringen?
Für das erste Halbjahr 2019 planen wir das nächste AG-Treffen, voraussichtlich an der Charité in Berlin. Ein genauer Termin wird noch festgelegt. Dann wollen wir auch erste Ergebnisse aus der neuen Studie zur geriatrischen Akutversorgung präsentieren und diskutieren. Jeder Interessierte ist herzlich eingeladen, daran mitzuwirken.


Hier gibt es mehr Informationen zur neuen DGG-Arbeitsgruppe „Geriatrie im Pflegeheim“.

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