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PM: Fortschritte in Diagnostik und Therapie: Geriatrisches Assessment entwickelt sich weiter
Das geriatrische Assessment von 2020 ist nicht mehr das geriatrische Assessment von einst. Technologische Innovationen, die Einführung schweregradabhängiger Fallpauschalen, Fortschritte in Diagnostik und Therapie, das neue Konzept des Frailty-Syndroms: All dies hat dazu geführt, dass sich das geriatrische Assessment grundlegend verändert hat. Professor Andreas Stuck (Foto) hat in den 1990-er Jahren eine viel beachtete Metaanalyse zur Wirksamkeit des geriatrischen Assessments publiziert, und in den vergangenen Jahren in Praxis, Lehre und Forschung neue Formen des geriatrischen Assessments evaluiert. In seiner Keynote „Geriatrisches Assessment 2020“ im Rahmen der geriatrisch-gerontologischen Online-Konferenz vom 3. bis 5. September wird Stuck das Heute und Morgen zu diesem Themenschwerpunkt beleuchten.
Es geht unter anderem um technologische Innovationen: Herkömmliche geriatrische Assessmentverfahren basieren auf klinischer Beobachtung und manueller Auswertung. So setzen zum Beispiel Assessmentverfahren zur Erfassung der Mobilität wie der Tinetti-Test oder der „Timed Get Up and Go“-Test die heutigen technologischen Möglichkeiten nicht ein. „Dabei würden es Sensoren ermöglichen, Bewegungsabläufe qualitativ und quantitativ abzubilden“, sagt Andreas Stuck. Auch andere Assessmentverfahren wie der Flüsterzahlentest stammen aus dem letzten Jahrhundert, obschon es auch hier Alternativen geben würde. Es stellt sich also die Frage, ob die herkömmlichen Verfahren ausgedient haben.
Neue Verfahren in Diagnostik und Therapie
Exemplarisch sind die Vorgaben, welche für die Dokumentation der geriatrisch frührehabilitativen Komplexbehandlung gelten. Diese geben vor, in welchem Zeitraum welche Elemente des geriatrischen Assessments dokumentiert sein müssen. Hat dies das geriatrische Assessment verändert? Und vor allem: Führt dies zu einer besseren geriatrischen Versorgung älterer Patientinnen und Patienten? In den vergangenen 20 Jahren haben sich die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten verändert. So ist die Sarkopenie kürzlich als Diagnose in die ICD-Klassifikation aufgenommen worden, und es gibt heute wirksame Interventionen für betroffene Patienten. Bei anderen Diagnosen, wie Delir oder Gangunsicherheit, haben sich die diagnostischen und therapeutischen Verfahren in den vergangenen Jahren ebenfalls wesentlich verbessert. Deshalb wird in der Keynote auch die kritische Frage gestellt: Sind die herkömmlichen geriatrischen Assessmentverfahren noch geeignet für die Aufdeckung dieser Krankheiten?
Das Frailty-Syndrom
Im Jahr 2001 hat die Geriaterin und Epidemiologin Linda Fried erstmals den „Frailty-Phänotyp“ beschrieben, primär als Grundlage für die Erforschung pathopyhsiologischer Abläufe im Alter. Unterdessen hat „Frailty“ auch Einzug in die Klinik gehalten. So wird die „Frailty“ heute zum Teil als Kriterium für medizinische Entscheidungen eingesetzt. Das herkömmliche geriatrische Assessment enthält jedoch keine „Frailty“-Dimension. Muss also das multidimensionale Assessment um eine Dimension ergänzt werden?
Das geriatrische Assessment von morgen
Auch ausserhalb der Geriatrie hat das geriatrische Assessment in den vergangenen Jahren zunehmend Beachtung gefunden. In der Kardiologie und der Traumatologie, und unterdessen in vielen anderen Disziplinen wurde der Mehrwert dieser geriatrischen Abklärungsmethode erkannt. Das geriatrische Assessment ist darum heute nicht mehr ausschliesslich eine Spezialabklärung bei ausgewählten Patientinnen und Patienten in der Geriatrie, sondern Teil der Basisabklärung anderer Disziplinen. Hier ist noch Entwicklungsarbeit notwendig, denn ein geriatrisches Assessment für die Anwendung in nichtgeriatrischen Settings muss in kurzer Zeit durchführbar und trotzdem ausreichend valide sein.
Zeigt das geriatrische Assessment bei einem älteren Patienten oder einer älteren Patientin eine komplexe Problematik, dann wird auch in Zukunft die Geriatrie gefragt sein. Liegt doch die Kernkompetenz der Geriatrie in der Interpretation und der Synthese der geriatrischen Assessmentbefunde und der Umsetzung eines individuellen, interprofessionellen geriatrischen Managements.
Zur Person
Prof. med. Andreas Stuck ist Chefarzt und Klinikdirektor der Geriatrischen Universitätsklinik in Bern an den drei Standorten Inselspital, Spital Tiefenau und Spital Belp. Unter seiner Gesamtleitung führt die Klinik eine akutgeriatrische Bettenstation, eine stationäre Geriatrische Rehabilitation, ein Ambulatorium sowie eine Kooperation mit der Orthopädischen Universitätsklinik. In Lehre und Forschung sind seine Spezialgebiete das geriatrische Assessment in den verschiedenen Settings Akutspital, Rehabilitation, Alters- und Pflegeheim sowie in der Hausarztpraxis. Dazu hat er Lehrmittel entwickelt, Forschungsprojekte durchgeführt, und gilt national und international als einer der führenden Experten auf diesem Gebiet. Zudem ist Andreas Stuck amtierender Präsident der Schweizerischen Fachgesellschaft für Geriatrie (SFGG).
Termin:
Prof. med. Andreas Stuck
Keynote-Lecture: „Geriatrisches Assessment 2020“
Geriatrisch-gerontologische Online-Konferenz
Donnerstag, 3. September 2020
16:30 bis 17:15 Uhr
PM: Fortschritte in Diagnostik und Therapie: Geriatrisches Assessment entwickelt sich weiter
Foto: Inselspital Bern
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