Frankfurt 2019
Rückblick DGG-Kongress: "Viele haben es erfrischend und etwas lockerer empfunden“
(11.09.2019) Der Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) war ein voller Erfolgt. Insgesamt 655 Teilnehmer kamen in der vergangenen Woche auf den Campus Westend der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Kongresspräsident Hans Jürgen Heppner (Foto) hat dabei viele Neuigkeiten ausprobiert: Erstmals gab es mit der Schweiz ein Gastland, einzelne Symposien wurden lebendiger gestaltet, auch war zum ersten Mal ein Simulations-Rettungswagen vor Ort. Nach drei vollen Kongresstagen spricht Heppner im Interview über seine persönlichen Kongress-Höhepunkte, das Feedback der Teilnehmer und neue Formate bei den Vorträgen.
Herr Professor Heppner, mehr Aussteller und Kongressteilnehmer als vor zwei Jahren kamen dieses Jahr nach Frankfurt. Wie erklären Sie sich die starke Nachfrage?
Ich freue mich wirklich sehr, dass wir in allen Bereichen leichte Steigerungen verzeichnen konnten. Ich denke, das liegt hauptsächlich an den aktuellen und spannenden Themen in der Geriatrie, die wir zusammengestellt haben – und auch dringend diskutieren mussten. Ich muss aber auch betonen, dass es ohne eine gute Vermarktung der Themen, der kontinuierlichen Pressearbeit und die Zuarbeit des Kongressunternehmens überhaupt nicht möglich gewesen wäre, das alles strukturiert abzuarbeiten. Und gerade diese gute Struktur, die sich auch im Kongressablauf wiederspiegelt, lockt sicherlich immer mehr Besucher an. Sie wissen, dass hier alles gut funktioniert, sie über alles rechtzeitig informiert werden und ihren Besuch in Frankfurt im Vorfeld entspannt planen können. Und ich freue mich, dass wir vor Ort auch wieder neue DGG-Mitglieder gewinnen konnten.
Was waren für Sie als Kongresspräsident die Höhepunkte der vergangenen drei Tage?
Ein ganz persönlicher Höhepunkt war für mich der Besuch unserer Gäste aus der Schweiz. Wir haben zum ersten Mal ein Gastland in den Kongress integriert und das wurde auch von den Teilnehmern ausgezeichnet angenommen. Die schweizerische Delegation, darunter viele junge Kollegen, hat beinahe drei Reihen in unserem großen Hörsaal gefüllt. Die Art, wie die Schweizer ihre Begeisterung für das Fach Geriatrie rübergebracht haben, war extrem ansteckend. Ein echtes Highlight war für mich zudem die Keynote von Annette Ciurea zum schwierigen Thema der Sexualität im Alter. Sie hat das wirklich bravourös gemeistert – alle Zuhörer waren bis zur letzten Minute gefesselt.
Wie haben sich die jungen schweizer Geriater mit den deutschen Kollegen vernetzt?
Da gab es viele Möglichkeiten! Die jungen Mediziner haben sich zum Beispiel selbstständig in den Kaffeepausen draußen vor dem Hörsaalgebäude der Goethe-Universität ausgetauscht. Natürlich lag es auch an den Organisatoren und mir als Kongresspräsident, die einzelnen Gruppen ein bisschen zusammenzuführen und persönliche Kontakte herzustellen, damit es zum Gespräch kommt. Geklappt hat es – die Kollegen haben sich vernetzt und ich würde mich freuen, auch in Zukunft wieder ein Nachbarland zu Gast zu haben.
Wie kam es überhaupt dazu, dass erstmals ein Gastland eingeladen wurde?
Wir haben im Vorstand entschieden, dass es dringend an der Zeit ist, auch während des Kongresses über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und in Nachbarländer zu blicken, in denen es scheinbar gut läuft in der Geriatrie. Wir wollten jedoch nicht nur genau hinschauen, sondern uns auch erklären lassen, was dort besser funktioniert als bei uns. Während des Kongresses haben wir viele Dinge gehört, von denen es sich lohnt, sie auch in Deutschland zu übernehmen. Und das ist nicht nur der Spaß an der Geriatrie. Es ist wirklich ganz entscheidend, die akademische Karriereplanung für junge Nachwuchsgeriater sicherzustellen. Der Nachwuchs entscheidet sich, dort zu arbeiten, wo eine klare Struktur vorgegeben ist.
Neue Strukturen gab es auch bei den Präsentationsformen der Kongress-Vorträge. Was genau wurde ausprobiert?
Uns ist es wichtig, dass wir mehr als zuvor mit den Zuhörern im Saal interagieren. Ich glaube, dass wir so verschiedene Themen noch viel besser transportieren können. Das ist nicht immer ganz einfach, gebe ich zu. Und es liegt auch nicht jedem. Aber gerade junge Referenten sind offen für neue Formate. Es gab beispielsweise einige Symposien-Vorsitzende, die selbst eine Einführung ins Thema gemacht oder ein paar Folien vorgestellt haben – anstelle wie sonst üblich lediglich zu moderieren. Das hat anfangs zu Verwunderung geführt, aber der Kongress wurde dadurch aufgelockert und ich habe eine viel höhere Diskussionsbereitschaft wahrgenommen. Wir haben außerdem Fragekarten eingeführt. Während eines Vortrags konnten Teilnehmer anonym Fragen aufschreiben, die dann im Anschluss vom Moderator systematisch abgearbeitet und gestellt wurden. Am besten hat das in der aktuellen politischen Stunde gemeinsam mit dem Bundesverband Geriatrie funktioniert. Absolut professionell moderiert hat hier unser Kollege Professor Dieter Lüttje aus Osnabrück, der die Publikumsfragen den einzelnen Themengebieten und Spezialisten in der Diskussionsrunde zuordnen konnte. So wurden wesentlich mehr Informationen in kurzer Zeit transportiert.
Welches Feedback haben Sie von den Teilnehmern insgesamt erhalten?
Aus den Gesprächen vor Ort nehme ich mit, dass unsere diesjährigen Formate generell sehr gut angenommen wurden. Viele haben es als erfrischend und etwas lockerer empfunden. Ein Nachteil kann natürlich sein, dass es für einige Teilnehmer etwas quirliger und damit unübersichtlicher wirkt, wenn man etwas Leben in gewohnte Strukturen bringt. Ich habe hier allerdings keinerlei negative Rückmeldung erhalten.
Was würden Sie im Rückblick vielleicht doch anders planen?
Ich denke, die Pausen hätten etwas länger sein können. Zeit fürs Netzwerken ist gut und wichtig. 20 Minuten für ein Gespräch sind jedoch zu wenig, wenn man auch noch den Weg zum nächsten Vortrag zurücklegen muss. Wir müssen in Zukunft noch mehr Raum für Kommunikation untereinander schaffen.
Was geben Sie abschließend dem kommenden Kongresspräsidenten für 2020 mit auf den Weg?
Wir brauchen unbedingt den Zusammenschluss unserer Fachgesellschaft mit dem Bundesverband Geriatrie. Wenn wir uns gemeinsam präsentieren und mit unseren Kollegen über die Ökonomie, Finanzierung, medizinische Ausrichtung und die Zukunft der Geriatrie diskutieren, wird das hervorragend angenommen. Das haben wir bei der politischen Stunde deutlich festgestellt, bei der Experten aller Regionen zusammenkommen sind. Im kommenden Jahr gibt es dazu mit der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie auch zahlreiche gute Möglichkeiten zur Zusammenarbeit.
Foto: Torben Brinkema
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