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Pressemeldungen

16. Juli 2024

PM: Prekäre Erlössituation bei steigendem Pflegebedarf: Altersmediziner fordern besser finanzierte Rehabilitationskliniken in Deutschland

Immer noch steht ein Großteil der 168 Geriatrischen Rehabilitationsklinken in Deutschland vor großen Finanzierungsproblemen. Dazu kämpfen die Einrichtungen mit einem Mangel an Personal, gleichzeitig steigt mit einer immer älter werdenden Gesellschaft der Reha-Bedarf. „Die Unterfinanzierung muss ein Ende finden, bevor noch mehr Einrichtungen stillgelegt werden müssen“, sagt Professor Markus Gosch (links), Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat kürzlich den explosionsartig gestiegenen Pflegebedarf vermeldet und aber auch eingeräumt, dass eine Finanzreform in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu schaffen sei. „Das können und wollen wir so nicht stehen lassen. Die Probleme werden sich nur verschärfen, wenn wir jetzt nicht handeln.“ Die Forderung der Altersmediziner: Es müssen jetzt Rahmenbedingungen für eine besser finanzierte, flächendeckende Versorgung mit ambulanter und vollstationärer geriatrischer Rehabilitation geschaffen werden.

Hintergrund ist die prekäre Erlössituation der Einrichtungen, die über rund 8.560 Betten verfügen. Für die vollstationäre geriatrische Rehabilitation erhalten viele Kliniken von den Krankenkassen weniger als 250 Euro pro Tag und Patient. „Damit ist eine angemessene therapeutische und pflegerische Versorgung rund um die Uhr heute kostendeckend nicht mehr zu leisten“, erklärt Professor Rainer Wirth (rechts), Past President der DGG und Direktor der Klinik für Altersmedizin und Frührehabilitation am Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum. Leidtragende seien in der Folge hochaltrige Patientinnen und Patienten, die ohne eine entsprechende Behandlung immobiler und pflegebedürftiger werden. „Gerade in Anbetracht der nun kommenden Babyboomer-Generation ist eine Verknappung der Ressourcen in der geriatrischen Rehabilitation nicht hinnehmbar.“ Statt der erwarteten Zunahme um jährlich 50.000 Pflegebedürftigen in Deutschland seien es laut Bundesgesundheitsministerium nun 360.000 Betroffene!

Schließungen im Stillen – Hohe Dunkelziffer – Runder Tisch ergebnislos

„Trotz des durch den demografischen Wandel zu erwartenden steigenden Bedarfs erreichen uns immer wieder Nachrichten, dass vollstationäre geriatrische Rehabilitationseinrichtungen ihre Betten reduziert haben oder gar ganz schließen“, sagt DGG-Präsident Gosch, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin 2 mit dem Schwerpunkt Geriatrie am Klinikum Nürnberg der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Nürnberg. Bekanntes Beispiel sei das Bürgerspital in Würzburg, das bereits 2020 den Betrieb im vollstationären Bereich einstellen musste. Ein Runder Tisch mit dem bayerischen Gesundheitsministerium im vergangenen Jahr blieb weitgehend ergebnislos. „Würzburg ist dabei kein Einzelfall. Wir rechnen mit einer hohen Dunkelziffer.“ Es gäbe Abteilungen, die den Betrieb einfach geräuschlos runterfahren und einstellen, sich aber gar nicht offiziell abmelden. So könne der Träger eine Wiedereröffnung recht unbürokratisch ohne neues Anmeldeverfahren lösen. Klar ist auch: „Steigende Personalkosten, die Inflation und immer kränkere Patienten haben zu dieser Situation beigetragen“, so Gosch.

Selbständigkeit älterer Menschen führt zur Kostenreduktion in der Pflege

Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie sei die Vergütung der geriatrischen Rehabilitation gut investiertes Geld, das die Lebensqualität und Selbständigkeit von älteren Menschen verbessert und zu einer Kostenreduktion im Bereich der Pflege beiträgt. „Zudem können mit einer höheren Vergütung der geriatrischen Reha-Einrichtungen auch die Akutkliniken – die klassischen Krankenhäuser – deutlich entlastet werden. Daher muss die Gesundheitspolitik jetzt über eine einheitliche und realistische Finanzierung nachdenken“, erklärt DGG-Vorstandsmitglied Wirth. Die Grundlage für eine einheitliche Vergütung von Leistungen in den Akutkliniken bildet der sogenannte Basisfallwert. Die Tagessätze der Rehabilitationskliniken werden hingegen weiterhin noch individuell zwischen den Krankenkassen und Rehabilitationskliniken vereinbart. „Wir brauchen auch hier eine verlässliche Finanzierungsgrundlage für alle“, so der Mediziner.

Statt Reha in die Kurzzeitpflege: Bedarf kann längst nicht mehr gedeckt werden

Die Betroffenen haben eigentlich einen gesetzlichen Anspruch auf die Durchführung einer geriatrischen Rehabilitationsmaßnahme – mit dem Ziel, Pflegebedürftigkeit zu minimieren und damit die Selbstständigkeit zu erhalten. Doch statt zu einer Rehabilitation geht es dann für Patientinnen und Patienten immer häufiger in die Kurzzeitpflege. Aber auch in diesem Bereich besteht ein enormer Aufnahmedruck, da der Bedarf längst nicht mehr gedeckt werden kann.

Niedrige Tagessätze der Krankenkassen führen zu Bettenreduktion und langen Wartezeiten

Oft bleibt den Reha-Einrichtungen gar keine andere Wahl, als die niedrigen Tagessätze der Krankenkassen zu akzeptieren. Die jeweilige Klinik ist schließlich auf die Zuteilung der Patientinnen und Patienten von möglichst vielen Kassen angewiesen. Die Konsequenzen sind vielfältig und beschränken sich nicht allein auf die Patientinnen und Patienten, die keine geriatrische Rehabilitationsmaßnahme erhalten. Auch für die Akutkrankenhäuser haben die Bettenreduktionen und Schließungen im Reha-Bereich unmittelbare Folgen. Lange Wartezeiten führen zu längeren Verweildauern in Akutkliniken. „Die Menschen in Deutschland werden deutlich älter. Der Pflegebedarf steigt jedes Jahr an. Deswegen müssen wir jetzt dringend für den Erhalt und Ausbau der geriatrischen Rehabilitationskliniken kämpfen. Nur so lässt sich die Pflegebedürftigkeit einer ganzen Generation deutlich verringern“, erklärt Gosch.

Foto: Klinikum Nürnberg und Marien Hospital Herne

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